Nächtliche Mysterien
Engel der Nacht:
„Im Dunkel zu wirken
Erwählt und verdammt
Die Nacht ist für Seelen
Die ich hab entflammt
Den Zauber vollbringe
Im Scheine der Kerzen
Die Nacht prüft wahrhaftig
Die Reinheit der Herzen
Verdammter, Erwählter!
Morpheus wird führen
Träum dir ein Reich!
Öffne die Türen!“
Morpheus:
„ Bin ich nicht wahrer als der wache Tag?
Bin ich nicht die Essenz deines Lebens?
So flüchtig und doch dein ganzes Sein?
Grund deines wachen Strebens?
Im Nebel ist Klarheit
Im Licht das Geheimnis
Ich bin deine Seele
Und doch nur ein Gleichnis“
Der Magier (erwacht):
„Es ist soweit, es muss nun sein
Nie fühlte ich mich so allein…
Doch wird der Schüler nicht besser als der Meister
Hat der Meister versagt
Und beide haben wir immer
Nach den Sternen gejagt
Mit Bangen und Hoffen
Das Buch ist nun offen
Mein Fluch ist mein Segen
Hirn stemmt sich dagegen
Doch muss es passieren
Ich muss ihn kreieren
Nun, Geist, erscheine
Der Raum ist der deine“
Nemesis (erscheint):
„Du hast mich entfesselt?
Du hast mich befreit?
So höre nun Welt
Denn ich bin bereit:
Ihr kranken Gesunden
Ihr perversen Normalen
Ich dringe in eure Träume
Und schenke euch Qualen
Ich bin euer Dämon der Wahrheit
Schutzpatron der reinen Seelen
Und der Untergang aller
Die diese Tag für Tag quälen
Blind seid ihr für jene Leiden
Die den Wahrhaftigen ihr auferlegt
Ihr seht nicht, wie ihr Leben tötet
Seid nun mit meinem Fluch belegt
Ein neues Kind kommt auf die Erde
Ihr stürzt euch drauf ohne Respekt
Wer gibt euch das Recht zu glauben
Recht zu haben ‒ oh, verreckt
Im immer neuen Wahn der Lüge
Verleugnet ihr das Offensichtlichste
Schwachen Verstandes Angstkonstrukte
Und blinde Norm das Wichtigste
Aus den tiefsten Tiefen eures Unbewussten
Greife ich euch an und richte
Göttliche Gerechtigkeit solltet ihr fürchten
Wenn ich, Nemesis, euch ganz vernichte
Irgendwo tief in euch sind sie übrig
Reste der verleugneten Natur
Befrei ich sie, wird sie sich rächen
Freut euch schon auf Qualen pur“
Der Magier (erschöpft):
„Das war es, entfesselt
Dring nun ein in den Tag
Ihr werdet noch spüren
Was der Dämon vermag“
Engel der Nacht:
„So werd ich dann entschwinden
Für eine Ewigkeit
Die einen werden mich finden
Die andern vergehen mit der Zeit“
Aus „Der schöne Schein“